Black Sails – Das Geisterschiff Test


Die Mary Celeste, unter dem Befehl von Kapitän Benjamin Briggs, diente sogar schon Schriftsteller Arthur Conan Doyle als Literaturvorlage. Nun stand das wohl berühmteste Geisterschiffe auch Pate für das Point-and-click Adventure: „Black Sails – Das Geisterschiff“. Die Furcht vor führerlosen Schiffen, deren tote Besatzung am besten noch Nachts das Schiff heimsucht, bietet genügen Stoff für die Bücher und Filme der Autoren und Regisseure. Mit auf den Zug, pardon auf das Geisterschiff natürlich, möchten der Entwickler Deck 13 Interactive samt der astragon Software GmbH aufspringen. Ob es ihnen gelingt, das Schiff aus seichten Gefilden ins tiefere Meer zu navigieren, oder ob „Black Sails – Das Geisterschiff“ doch nur Humbug ist, das erfahrt ihr im nachfolgenden, hoffentlich nicht zu schreckhaften, Test.

Vom Schiff runter, aufs Schiff drauf
So schnell kann es gehen, gerade musste man das eigene Schiff mitten auf dem Meer unfreiwillig verlassen, weil es unterging, schon befindet man sich auf einem neuen, noch unbekannten Schiff. Aber langsam, immer schön von vorne anfangen.

Wir schreiben den 4. Januar 1884, in einem Schiff von New York nach Portugal ereignet sich eine Kollision. In einer tiefschwarzen verregneten Nacht kommt es zur Tragödie. Das Schiff geht unter, einige Passagiere können sich aber in das stürmische Meer retten. Retten? Eigentlich der sichere Tod, doch wie auf ein geheimes Zeichen beruhigt sich das Meer und die See ist still – totenstill. Aus dem Nebel erscheint ein Segelschiff, die letzte Rettung oder der endgültige Tod?

Nach diesem recht kurzen, technisch sehr einfach umgesetzten Vorspann beginnt das Spiel. Auf Umwegen klettern die beiden Protagonisten durch ein Fenster in die Kapitänskajüte und somit auf Bord der Brigantine, ein Segelschiff mit zwei Masten. Der Spieler übernimmt die Protagonistin Anna, eine Redakteurin aus New York auf den Weg zum alten Kontinent. Ihr Gegenüber steht Lex, ein undurchschaubar und unsympatischer Glücksritter, der nur sehr wenig von sich preisgibt. Auf einem scheinbar verlassenen Schiff, nur auf sich beide gestellt, gehen die beiden eine Zweckskooperation ein. In welchem Maße und vor allem in welchem Ton, dass entscheidet der Spieler selbst.

Mit Anna unterwegs im Geisterschiff
Gesteuert werden kann Anna adventure-typisch mit Klick durch die Maus. Die Kameraperspektive ist dabei fest und schwenkt je nach Bewegung um. Das funktioniert mal gut, mal weniger gut. Per Klick durchsucht man die festgelegten Areal und versucht die gegebenen Probleme zu lösen. So sind Anna und Lex zu Beginn des Spiels in der Kapitänskajüte eingeschlossen. Um die Mannschaft über ihr Ankommen zu informieren, müssen die beiden aber natürlich aus der Kajüte raus. Dies gelingt erst, nachdem sich Anna aus einem Seil und einer Harpune eine Art Anker gebastelt hat und damit die Tür praktisch aufsprengt. Bis dahin musste man aber schon Zettel kombinieren, Schlösser öffnen, Bilder zurechtrücken usw. Bevor man also sein „großes Ziel“ erreicht, müssen erst einmal Teilaufgaben abgearbeitet werden.

Als eine Art Hilfe kann man sich jederzeit alle anklickbaren Gegenstände in einem Raum anzeigen lassen. Damit erspart man sich lange Klickereien und kann gezielt die Gegenstände auswählen, die für die Lösung des Problems benötigt werden oder weitere Auskunft darüber geben. Adventure-Puristen, die solch eine Hilfe nicht benötigen, die können diesen Hilfsbutton getrost ignorieren. Dennoch eine sehr gute Lösung, um auch Adventure-Neulinge ein problemloses Spielen zu garantieren.

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Was geschah nur auf der Mary Celest?
Erzählt wird die Geschichte rund um die Mannschaft und der Passagiere des Geisterschiffs „Mary Celest“ durch Bilder, Briefe und Tagebuch- oder Logbucheinträge. Nach und nach bekommt der Spieler eine Vorstellung, wer an Board der Mary Celste war und was sich dort abspielte. Da man immer nur Puzzleteile praktisch vor die Füße geworfen bekommt, setzt sich das Gesamtbild erst nach und nach zusammen. Und dennoch hat man das Gefühl, bei jeder Situation an Board dabei gewesen zu sein, sei es beim Essen in der Messe oder sei es wenn sich der Kapitän wieder ein Gläschen gönnt.

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Um dem Ganzen noch eins drauf zusetzen, schlüpft man ab etwa der Mitte des Spiels kurzzeitig in die Rolle eines kleinen Mädchens und erlebt die damaligen Geschehnisse aus einer „Live-Perspektive.“

Gänsehaut und Gruseln garantiert
Atmosphärisch kann „Black Sails – Das Geisterschiff“ von sich überzeugen. Zugegeben, bietet das Szenario des scheinbar verlassenen Schiffs auf dem irgendetwas nicht stimmt, viel Potenzial. Auf dem Meer hört dich keiner schreien! Dennoch, wie die angespannte Situation und die bedrohliche Atmosphäre gespenstisch umgesetzt wurde, gebührt Respekt. Eins ums andere Mal erschrickt man, wenn eine Tür sich selbstständig schließt, undefinierbare Geräusche zuhören sind, oder Lex nicht mehr zu finden ist und an seiner Stelle nur noch eine rote Blutlache liegt. Obwohl von Anfang an es eigentlich keinen offensichtlichen Grund für die innerliche Unruhe gibt, fühlt man sich auf dem einsamen Schiff alles andere als wohl. Allein schon der Gedanke eines führerlosen Schiffes, das vielen Erinnerungen an die alte Besatzung mit sich trägt, regt zu den wildesten Gedanken an. Überhaupt spielt sich viel im eigenen Kopf ab. „Black Sails – Das Geisterschiff“ regt das Kopfkino zu Höchstleistungen an.

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Ohne große Schockeffekte berührt das Spiel. Und das auf einer so intensiven Ebene, dass einem das ein oder andere Mal mulmig zu Mute wird. Besonders das Ende, wird den ein oder anderen Spieler auch darüber hinaus noch beschäftigen.

Leich(t)e Rätsel und kurze Spielzeit
Der düsteren Atmosphäre sind leider wohl auch die Rätsel zum Opfer gefallen. Diese sind meistens nämlich viel zu einfach und zu vorhersehbar. Eine wirkliche Überraschung oder eine kreative Problemlösung findet man leider nur sehr selten. Fast nie muss sich der Spieler wirkliche Gedanken machen, oft wird die Problemlösung von Anna beim Einsammeln der Gegenstände schon vorgegeben, in dem sie laut kommentiert, wie und was man mit dem Gegenstand machen könnte. Dann muss man nur noch 1 und 1 zusammenzählen und hat die Lösung so praktisch auf dem Silbertablett serviert bekommen. Was für Adventure-Einsteiger durchaus Sinn macht und ihnen beim Spielen wahrscheinlich auch sehr nützlich ist, dürfte die Adventure-Veteranen stören.

Die leichten Rätsel bringen auch eine kurze Spielzeit mit sich. Unterstützt wird das, durch die recht kleine Spielfläche. Ein zweimastiges Segelschiff ist nun mal keine Titanic, auf der man sich vermutlich stundenlang aufhalten hätte können. Die Mary Celest bringt hingegen nur ein paar betretbare Areale mitsich. Diese kennt man nach spätestens einer Stunde so gut wie in- und auswendig. So beläuft sich die Spielzeit bei unerfahrenen Adventure-Spielern auf etwa 5-6 Stunden, Adventure-Profis werden dagegen um einiges früher in den „Zielhafen“ einfahren können.

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Sound Hui, Grafik Pfui!
Optisch ist das Geisterschiff leider kein Hingucker. Die Figuren sind kantig, das Schiff sehr trist – es fehlen manchmal einfach die Details. Auch die Effekte können mit den aktuellen Gaming-Standards nicht mit halten. Das ein oder andere mal findet man auch Clipping-Fehler, in denen Anna dann Ganz, oder nur zur Hälfte verschwindet. Auch wenn man sich auf einem „Geisterschiff“ befindet, sollte dies nicht geschehen.

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Der Sound hingegen kann wieder von sich überzeugen. Die Geräuschkulisse hält sich meist dezent im Hintergrund. Man hört das Ächzen der Balken und das Heulen des Winds und bekommt dadurch die Vorstellung, wie das Schiff der Spielball der Wellen ist. Je nach dem wo man sich befindet, kommen zu den Geräuschen der Umgebung auch eine bedrohliche Musik hinzu, die für Gänsehaut sorgt.

Die Sprachausgabe ist in Ordnung. Etwas mehr Emotionen in der Stimme hätten in der ein oder anderen Situation durchaus gut getan. Die meisten Sprecher geben mit ihrer Figur allerdings ein solides Bild ab, einzige Ausnahme ist der kleine Junge, der mit seinem Gesprochenen mit einem Schlag die ganze Atmosphäre zunichte macht. Leider eine komplette Fehlbesetzung, die die Szenen mit dem kleinen Mädchen stimmungsmäßig sehr schaden.

Fazit
Die Entwickler von „Black Sails – Das Geisterschiff“ haben viel richtig gemacht, das ein oder andere Mal aber auch Schwächen gezeigt. Im Gesamteindruck ist ein doch sehr stimmiges Adventure entstanden, das vor allem für Adventure-Einsteiger zu empfehlen ist. Allerdings auch jeder, der sich mal wieder richtig vor dem heimischen Bildschirm gruseln möchte, sollte sich den Titel einmal genauer unter der Lupe ansehen. Die Atmosphäre ist einfach Top und wühlt innerlich auf! Etwas kritisch zu sehen ist natürlich die kurze Spielzeit. Dazu äußerte sich Creative Director Jan Klose aber gegenüber pcgames.de soweit, dass nie beabsichtigt war, aus Black Sails ein riesiges Vollpreisspiel zu machen. „Vielmehr sei der Titel die Verwirklichung eines seit den Ankh-Zeiten in den Schreibtischschubladen verschwundenen Projektes.“ Und tatsächlich, für gerade einmal 25,50 Euro beispielsweise bei Amazon ist Black Sails – Das Geisterschiff ein Tipp für alle, die mit Adventures und Grusel-Games etwas anfangen können.


Bewertung

80/100
Story: (8/10)
Grafik: (6/10)
Sound: (8/10)
Steuerung: (7/10)
Atmosphäre: (9/10)
 
Gesamt: (80/100)

Alle Black Sails – Das Geisterschiff Screenshots

Achtung Spoiler!
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