Arcania: Gothic 4 Test


Man durfte schon gespannt sein, was denn nun letztendlich aus Arcania: Gothic 4 wird. Nach dem Bruch von Publisher JoWood und den Entwicklern Piranha Bytes war ungewiss, wie es mit der Gothic-Serie weiter gehen wird. Das ein neues Gothic-Spiel kommen wird, war bald klar, ob dieses Spiel ohne die alten Entwickler aber auch an die Vorgänger anknüpfen kann, wurde bezweifelt. Inzwischen kann man Arcania: Gothic 4 kaufen, Zeit für uns also, einen ausführlichen Arcania: Gothic 4 Test zu veröffentlichen.

Der Held bleibt Namenslos
Bevor man in die Spielwelt von Arcania: Gothic 4 eintauchen darf, muss man erst einmal ein kleines Tutorial in Forme eines Traums bestehen. Darin kämpft sich der Charakter als Rhobar III. durch Skeletthorden und Dämonen und der Spieler bekommt einen ersten Eindruck des Kampfsystems. Glücklicherweise dauert dieses Tutorial nicht lange und der Held, der namenslos bleibt, wacht auf und blickt sogleich in das Angesicht seiner Angebeteten Ivy. An dieser Stelle dürfte der Spieler das erste Mal deutlich erschrecken. Im Gegensatz zu den Skeletten aus dem Traum, sieht die eigene holde Maid einfach nur hässlich aus.
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In Gothic 2 hätte man nun sie vielleicht einfach mit einer anderen willigen Frau betrügen können und wäre sie so los geworden, in Arcania: Gothic 4 hingegen muss man seiner Bestimmung folgen. So kommt es wie es kommen muss, unserer Held macht Ivy einen Heiratsantrag. Es fehlt nur noch die Zustimmung des Brautvaters, dieser fordert für sein „Ja-Wort“ aber erst einmal die Ableistung von drei Prüfungen. Das Spiel nimmt Fahrt auf …

Ein Zaun trennt dich von der Welt
Man ist im Spiel noch gar nicht richtig angekommen, da werden einem auch schon Grenzen gesetzt. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger gibt es bei Arcania: Gothic 4 keine freie Spielwelt. Interessierte Abenteurer bekommen natürliche wie auch unnatürliche Hindernisse vor die Nase gesetzt. Sei es dort ein Zaun, dort das Meer oder an der anderen Ecke ein Gebirge, die Areale sind klar abgesteckt.

Weiter geht es erst dann, wenn der Held die entsprechenden Quests gelöst hat und sich ein NPC dann erbarmt z.B. ein Tor zu öffnen. Man arbeitet also die Quest nur ab, um anschließend ein neues Areal erkunden zu dürfen. Das ist Schade, da Freigeister so nicht auf ihre Kosten kommen.

Die Areale selbst sind meist echt schön anzusehen. Man erklimmt Berge und genießt den spektakulären Ausblick, man durchwatet Sümpfe oder entdeckt die Baumstadt Tooshoo. Hier bietet Entwickler Spellbound dem Spieler viel Abwechslung, hat dabei aber leider vergessen diese wunderschöne Landschaften auch mit Leben zu füllen. Man trifft zwar immer wieder auf Gegner, einsammelbare Pflanzen und auch auf die ein oder andere „versteckte“ Schatztruhe, Highlights sucht man aber vergebens. Das nervt mit andauernde Spielzeit, man hat alles schon irgendwie gesehen.

Regen-Sonne; 1-0
In der Informationstechnik gibt es im Grunde nur zwei Zustände: An – Aus, Strom fließt – Strom fließt nicht, 1 und 0. Diesem Grundprinzip scheinen auch die Entwickler von Spellbound verfallen zu sein, anders ist es nicht zu erklären, warum es bei schönstem Sonnenschein plötzlich aus heiterem Himmel anfängt zu regnen, ohne das sich der Himmel davor verdunkelt oder erste, vereinzelte Regentropfen diesen Schauer angekündigt hätten. Und das passiert nicht nur selten, sondern ständig und beschädigt damit die Atmosphäre.

Apropos Atmosphäre, die soll in Arcania: Gothic 4 wohl gar nicht richtig aufkommen, oder was haben sich die Entwickler beim „Tag-Nacht-Wechsel“ gedacht? Wann Tag und wann Nacht ist, merkt man nämlich gar nicht richtig, da der Mondschein die Spielwelt fast genauso beleuchtet, wie die Sonne am Tag. Dementsprechend legt sich auch nicht jeder NPC in der Nacht hin, warum auch wenn es so hell ist?

Weitere Atmosphäre-Killer sind teilweise unsichtbare Barrieren, die man dann irgendwie umlaufen oder überspringen muss, sowie Klon-NPCs die komplett gleich aussehen, aber einen anderen Namen haben.

Lahme Story, Lahme Quests
Der Hauptangelpunkt der Story ist ein Schicksalsschlag den der Held erleiden muss und dadurch Rache an dem Verursacher, König Rhobar III., schwört. Nun ist das Motiv der Rache auch in Computerspielen nicht wirklich neu, was dem Spieler da aber serviert wird, ist leider sehr mau. Das Hauptziel verliert man schnell aus den Augen, man hetzt von Quest zu Quest, lernt immer mehr Leute kennen die irgendwie für die Story relevant oder eben auch nicht sind. Am Ende ist man in einem abstrakten Dämonen- und Götterkonflikt, bei dem sich viele wohl gar nicht mehr erinnern, wie sie darein geraten sind.

Den Verlauf der Geschichte kann man kaum noch beeinflussen. Wie so vieles, wurde auch die Entscheidungsfreiheit in Arcania: Gothic 4 stark beschnitten. Einer Fraktion kann man sich nicht mehr anschließen, da es keine nennenswerten Fraktionen mehr gibt. Aber auch alternativen Lösungswege für Quests sind nicht mehr das, was sie in Gothic 2 oder auch Gothic 3 mal waren. Nur ein paar Hauptmissionen kann man alternativ lösen, macht aber nichts, letztendlich führen nämlich alle Wege auf das gleiche Ergebnis. Damit hat der eingeschlagene Lösungsweg auch keinen Einfluss auf den weiteren Spielverlauf.

Wie auch schon die Story, lahmen die Quests. Es kommt einfach nicht richtig Fahrt auf, irgendwann nerven die ganzen Standardquests wie Pilze sammeln oder ein Lager von Goblins befreien. Gegen solche Quests ist nichts einzuwenden, wenn es immer mal wieder abwechslungsreiche Aufgaben gibt, in denen der Spieler auch einmal gefordert wird. Diese sucht man in Arcania: Gothic 4 leider vergeblich.

Simples Kampfsystem und Charaktersystem
Das Kampfsystem ist so simple, das es meist in eine Dauerklickerei ausartet. Dennoch machen die Kämpfe Spaß, sind flott und sehen teilweise echt gut aus. Gerade im Vergleich zum Kampfsystem von Gothic 3, sammelt hier Arcania: Gothic 4 endlich einen Pluspunkt. Sicher ist das Kampfsystem nicht perfekt, da taktischer Tiefgang hier einfach fehlt, für eine actionreiche Klopperei reicht es aber allemal.

Wie das Kampfsystem ist auch das Chraktersystem sehr simpel gestrickt. Nach einem Levelaufstieg erhält man drei Punkte, die man auf lediglich fünf Charakterwerte und drei Zauber verteilen darf. Wer sich auf einen Wert spezialisiert, der schaltet stärkere Fähigkeiten frei. Das war es aber auch schon. Bestimmte Fähigkeiten wie Schlösser knacken, Jagen oder Bergbau kann der Held schon von Geburt an, er benötigt manchmal lediglich noch das entsprechende Werkzeug.

Natürlich kann der Held auch wieder eigene Waffen oder Tränke herstellen, aber auch hier schlägt Herr „Simpel“ wieder zu. Hat man beispielsweise einmal die Herstellung eines Tranks durch ein Rezept gelernt, dann kann man diesen Trank jederzeit und überall herstellen, wenn man denn die Zutaten hat. So braucht man weder ein Amboss, noch eine Werkbank, man braucht noch nicht einmal ein Feuer in der Nähe, wenn man sein erbeutetes Fleisch grillen oder anbraten möchte.

Schöne Inszenierung
Eins ist Arcania: Gothic 4 auf jeden Fall: Schön inszeniert! Die Landschaften sind einfach prächtig, es macht Spaß durch sie zu wandeln. Auch der Sound trägt zum Wohlfühlfaktor deutlich dazu. Zwar können die Musikstücke nicht ganz an die imposante Soundkulisse der vergangenen Gothic-Spiele heran reichen, dennoch leisten sich hier die Entwickler keinen Schnitzer.

Nicht gelungen sind hingegen die NPCs, deren Gesichter oder auch Hände einfach nur schrecklich aussehen. Gerade in langen Dialogen dreht man sich eher weg und hört den langweiligen Dialogen, die meist von guten Sprechern vertont wurden, zu.

Fazit:
Wo Gothic drauf steht, ist auch Gothic drin? Leider nicht im Falle von Arcania: Gothic 4! Zwar trifft man dort auf alte Bekannte, die Steuerung kann man inzwischen auch schon im Schlaf und ab und zu kommt tatsächlich so etwas wie Gothic-Feeling auf, komplett auf das Spiel betrachtet ist das aber zu wenig. Es sind vor allem Kleinigkeiten die einem einfach fehlen. Man kann plötzlich in Arcania: Gothic 4 Leute bestehlen ohne die Konsequenzen fürchten zu müssen, NPCs kann man nicht mehr angreifen, geschweige denn töten, die Charaktere bleiben blass, die Gespräche sind meist krampfhaft lustig und selbst der Sound kann einfach nicht an die gewaltigen Musikstücke der Vorgänger anknüpfen. Am schwersten fällt aber wohl die Abschaffung der freien Welt ins Gewicht. Das freie Bewegen und Handeln war seit dem ersten Teil ein Markenzeichen der Gothic-Reihe und fällt Arcania: Gothic 4 völlig zum Opfer. Für Rollenspiel-Neulinge mag das ein Entgegenkommen sein, für alle Rollenspiel-Begeisterte und allen Gothic-Anhängern ist das aber eine schallende Ohrfeige.

Und auch wenn Arcania: Gothic 4 nicht mehr viel mit den Vorgänger-Spielen zu tun hat, macht das Spiel dennoch Spaß. Es ist weder fordernd noch grandios, dennoch unterhält es bis zu einem gewissen Grad. Dennoch hätte man sich mehr erwartet und es wäre auch deutlich mehr drin gewesen, umso unverständlicher was hier JoWood und Spellbound den Spielern verkaufen möchte. Wer seine Ansprüche herunter schrauben kann oder Rollenspieleinsteiger ist, der kann mit Arcania: Gothic 4 gut leben, hartgesottene Rollenspielfans sollten aber davon die Finger lassen.


Bewertung

70/100
Grafik: (8/10)
Sound: (8/10)
Steuerung: (8/10)
Atmosphäre: (7/10)
Umfang: (6/10)
Quests: (4/10)
Gesamt: (70/100)

Arcania: Gothic 4 Screenshots

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2 Kommentare

  • Was, das Spiel kann man schon kaufen? Früher ist Gothic immer ganz groß angekündigt und bis zum Gehtnichtmehr gehypet worden und jetzt scheint es wohl irgendwie unterzugehen, oder kommt mir das nur so vor?
    Naja, aber da habt ihr euch ja auch ordentlich Mühe mit dem Review gemacht 😉

  • Buzz Content Consulting

    Sehr geehrte User GameVorTex!

    ja, das Spiel ist im Oktober erschienen und seither ab ca. 39 Euro für PC, XBox und PS3 im Handel. Wir, die Firma Buzz Content Consulting aus München, geben im Auftrag von JoWooD Usern im Internet Hilfestellung zu Arcania. Wenn Sie also Fragen/Anregungen haben, zögern Sie nicht, uns anzusprechen – am besten per Mail unter office@buzzcontent.de.

    Schöne Grüße,
    Buzz Content Consulting, Kooperationspartner der JoWooD AG

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